Hagedorn: Bundesverkehrsministerium steht bei den Ostholsteinern in der Pflicht – nicht die Deutsche Bahn!

Veröffentlicht am 26.01.2015 in Pressemitteilungen


Die ostholsteinische SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn, stellv. haushaltspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und im Haushaltsausschuss verantwortlich für den Etat des Verkehrsressorts, kritisiert vehement Äußerungen des Staatssekretärs Enak Ferlemann (Anm: im Interview der Lübecker Nachrichten vom 25.1.2015), in denen dieser der Deutschen Bahn quasi die Schuld daran gibt, dass von 2009 bis 2014 in Deutschland eine Hinterlandanbindung ausschließlich auf der Bestandstrasse geplant wurde.

Hagedorn: „Fakt ist, dass sich bereits 2004 die Deutsche Bahn aus dem Vorhaben ‚Feste Beltquerung‘ zurückgezogen hat wie auch im Oktober 2006 die Wirtschaft, die sich bis dahin zu 50 Prozent an der Festen Querung mit eigenem Risiko beteiligen wollte – beide begründeten diese Absage zum Einsatz eigener Finanzmittel damals mit zu geringen Verkehrsströmen und deshalb fehlender Rentabilität. Die Deutsche Bahn plant seit 2009 diese Strecke jetzt ausschließlich als Auftragnehmer des Bundesverkehrsministeriums – quasi wie ein Ingenieurbüro. Sie hat null finanziellen Entscheidungsspielraum, sondern plant, was ihr der Bundesverkehrs- und Finanzminister als deutsche Garanten für den Staatsvertrag vorgeben – und das war seit 2009 die eingleisige Elektrifizierung der Bestandsstrecke mit der Zweigleisigkeit 7 Jahre nach der Eröffnung der Beltquerung und NACH dem Beweis der von Dänemark sehr optimistisch prognostizierten Verkehrszahlen… Genauso, wie es der auch von Dänemark unterschriebene Staatsvertrag vorsieht. Diese Pläne hat die Deutsche Bahn quasi ‚in der Schublade‘. Erst im Sommer 2014 hat der Verkehrsminister in Anerkennung des Raumordnungsbeschlusses in Schleswig-Holstein der Bahn einen völlig neuen Planungsauftrag erteilt und somit auch die sehr viel höheren Mittel für diese komplett neue Planung sichergestellt: Jetzt wird sofort zweigleisig elektrifiziert geplant und mit 55 km Neubautrasse von insgesamt 75 km, es wird auf der Neubautrasse statt der im Staatsvertrag garantierten max. 160 km/h  für Personenzüge und 120 km/h für Güterzüge eine Hochgeschwindigkeitstrasse geprüft und die Sundquerung – entgegen der Festlegung im Staatsvertrag – wird vierspurig und zweigleisig durch einen Brücken- oder Tunnelneubau ergänzt. Das heißt: die Deutsche Bahn fängt seit Sommer 2014 fast bei null mit einer Neuplanung an, die mit den Eckwerten des Staatsvertrages nur noch marginal etwas zu tun hat. Die Verantwortung dafür trägt selbstverständlich ihr Auftraggeber – der Bund – und nicht sie selbst als Auftragnehmerin.

Diese zeitliche Verzögerung Deutschlands bei der Hinterlandanbindung hat also seine Ursache vor allem in einer  nahezu hundertprozentigen Planungsänderung als Resultat einer ernsthaften Bürgerbeteiligung nach den desaströsen Erfahrungen des Bundes mit u.a. ‚Stuttgart 21‘. Das Bundesverkehrsministerium darf diese Gründe nicht vernebeln und falsche Sündenböcke benennen, sondern sollte selbstbewusst zu dieser bislang erfolgten Bürgerbeteiligung und den daraus resultierenden Konsequenzen stehen. Der Minister Dobrindt muss jetzt allerdings auch gegenüber den Anwohnern und der dänischen Regierung für diese Verzögerung die Verantwortung übernehmen und alle daraus erwachsenden Veränderungen durch Nachverhandlung des Staatsvertrages fair und transparent regeln – darauf haben die Bürgerinnen und Bürger in Ostholstein einen Anspruch!“

Bettina Hagedorn macht auch deutlich, warum es nicht erstaunlich ist, dass die dänische Regierung mit der Planung ihrer Hinterlandanbindung weiter ist als Deutschland und warum nach ihrer Auffassung der dänische Verkehrsminister Heunicke für eine Nachverhandlung des Staatsvertrages offen sein sollte: „Entgegen den Aussagen von Staatssekretär Ferlemann sind nicht etwa straffere Planungsverfahren der Grund für die Schnelligkeit der Dänen, sondern die Tatsache, dass sie seit 2009 – und eben nicht erst seit 2014 – eine Hochgeschwindigkeitstrasse planen – ebenso wie die Schweden. Beide Länder planen bis zu 300 km/h quer durch Landschaften, die nicht annähernd so dicht besiedelt, touristisch erschlossen, landschaftlich reizvoll und ökologisch hochwertig sind wie Ostholstein. In Dänemark investiert die Regierung – wie schon am Großen Belt und am Öresund – gezielt mit staatlichen Investitionen in regionale Projekte, die den Menschen dort neue Infrastruktur und tausende von sicheren Arbeitsplätzen garantieren. Diese gezielte, öffentlich finanzierte Regionalpolitik als Voraussetzung von Akzeptanz vor Ort gibt es in Deutschland so nicht. Bei uns haben viele Menschen mit dem ‚Prinzip Hoffnung‘ schlechte Erfahrungen gemacht und trauen vagen Versprechungen der Politik und Wirtschaft nicht mehr. Gegen diesen Vertrauensverlust in den Staat als Bauherrn hilft nur absolute Transparenz und Bürgerbeteiligung – auch bei der 2015 geplanten Entscheidung des Bundesverkehrsministers zur Sundquerung. Sollte Herr Dobrindt diese Entscheidung ohne Bürgerbeteiligung allein aufgrund fiskalischer und terminlicher Erwägungen ‚im Hinterzimmer‘ treffen wollen, so ist der Widerstand in der Region programmiert.

Die Dänen müssten den Bürgerinitiativen in Ostholstein eigentlich täglich Dankesschreiben schicken, weil diese jetzt mit ihrem jahrelangen Engagement die zweigleisige Neubautrasse – möglicherweise sogar in Hochgeschwindigkeit - bei der Bundesregierung durchgesetzt haben, die Dänen und Schweden schon 2007/2008 im Staatsvertrag vergeblich durchzusetzen versuchten. Diese – sehr teure – von Grund auf veränderte Planung im Staatsvertrag nachträglich festzuschreiben ist das ureigenste Interesse der Skandinavier – und da müssen sie dann im Gegenzug gleichfalls garantieren, dass Güterzüge erst durch ihren Belttunnel fahren dürfen, wenn diese deutsche Neubautrasse komplett betriebsbereit ist. Das Leben besteht halt aus Nehmen und Geben – auch unter befreundeten Nachbarn. Der Art. 22 im Staatsvertrag, den beide Regierungen unterschrieben haben, bietet dafür die Grundlage. Jede Regierung, die sich auf dieser Vertragsgrundlage erforderlichen Nachbesserungen verweigert, verliert ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den berechtigten Interessen der Menschen.“

 

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