Offener Brief zur FBQ-Schienenanbindung an Manuela Herbort und Bernd Homfeldt

Veröffentlicht am 10.02.2017 in Aktuelles

Sehr geehrte Frau Herbort,

sehr geehrter Herr Homfeldt,

ich war gemeinsam mit Vertretern der Region bis vor kurzem sehr erfreut, dass die Bahn – und insbesondere der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Dr. Rüdiger Grube – viel Energie und Überzeugungskraft investiert hat, um die vielen offenen Fragen rund um die Schienenanbindung der geplanten festen Fehmarnbeltquerung unmissverständlich zu klären und somit Vertrauen und Transparenz bei Abgeordneten und Betroffenen zu schaffen. Besonders bemerkenswert war in diesem Zusammenhang der Besuch von Herrn Dr. Grube im Rechnungsprüfungsausschuss am 2. Dezember 2016, welcher im Verhältnis zu den vorherigen Bahn-Aussagen im Rechnungsprüfungsausschuss am 24. Juni und 30. September 2016 eine 180-Grad-Wende der Bahn zum Instandsetzungsvolumen bei der schadhaften Sundbrücke und zur ergebnisoffenen Überprüfung ihres dauerhaften Erhalts darstellte.

Bei der Lektüre des Fehmarnschen Tageblatts (FT) vom 3. und 4. Februar 2017, in denen Herr Bernd Homfeldt als Projektleiter und Frau Maja Weihgold als Bahn-Sprecherin für Großprojekte Aussagen zum Projektablauf der Hinterlandanbindung tätigten, musste ich leider feststellen, dass wesentliche Aussagen zum Investitionsvolumen beim Erhalt der Sundbrücke bis 2020 im Widerspruch zu den Zusagen von Herrn Dr. Grube im Rechnungsprüfungsausschuss am 2. Dezember 2016 stehen. Weitere öffentliche Aussagen zum geplanten ersten Spatenstich zur Hinterlandanbindung 2020 und zur angeblich erforderlichen Elektrifizierung der Sundbrücke und der damit einhergehenden vierjährigen Streckensperrung zwischen Haffkrug und Puttgarden von 2020 bis 2024 sind angesichts zu erwartender Klageverfahren gegen die Planfeststellungsbeschlüsse zur Hinterlandanbindung zumindest komplett unrealistisch und deshalb nicht geeignet, betroffene Anwohner und Kommunen aufzuklären, sondern eher zu irritieren. Wie diese Tatsachen zu dem Anspruch von Frau Weihgold passen, die in dem Presseartikel mit dem Satz zitiert wird: „Wir lassen die Region nicht allein“, erschließt sich mir nicht, weswegen eine Aufklärung Ihrerseits umso wichtiger erscheint.

Ich bin – diplomatisch ausgedrückt – sehr irritiert, dass das Fehmarnsche Tageblatt von Ihrem Pressetermin berichtet, dass die Bahn nur „bis 2020 rund sechs Millionen Euro“ zum Erhalt der Fehmarnsundbrücke investieren will. Diese komplett veralteten Zahlen entsprechen Ihren DB-Aussagen in den Sitzungen des Rechnungsprüfungsausschusses am 24. Juni und am 30. September 2016, die von den Ausschussmitgliedern einstimmig als unzureichend verworfen worden sind. Nach dem Ortstermin des Ausschusses am 17. November 2016 erfolgte mit dem persönlichen Besuch von Dr. Rüdiger Grube am 2. Dezember 2016 im Rechnungsprüfungsausschuss die 180-Grad-Wende der Deutschen Bahn, die der Bahnchef mit unmissverständlichen Ausführungen zu Protokoll gegeben hat und die sich in der Präsentation der DB AG (Ausschuss-Drucksache 271 NEU) nachvollziehbar widerspiegelt: Mit fast 11 Mio. Euro von 2017 bis 2020 hat sich die DB AG verpflichtet, das bis dahin geplante Investitionsvolumen fast zu verdoppeln. Zusätzlich soll die Prüfung aller Tragseile auf 2017 vorgezogen werden – sollte sich bei dieser Überprüfung erweisen, dass die bis zu neun weiteren schadhafter Tragseile vom Gutachter zur Erneuerung empfohlen werden, dann werden die Mittel für diese Erneuerungen zu den 11 Mio. Euro hinzukommen. Die Formulierung aus dem Fehmarnschen Tageblatt vom 04.02.2017, dass die Bahn „dabei bis 2020 rund sechs Millionen Euro verbauen“ will, steht dazu im kompletten Widerspruch und dient nicht einer objektiv nachvollziehbaren Information der Bevölkerung. Insofern wird es erforderlich sein, dass diese Aussagen von der Deutschen Bahn in Ostholstein öffentlich geradegerückt werden.

Besonders verwundert hat mich auch Ihre Aussage zu dem seitens der Deutschen Bahn beabsichtigten Zeitplan für den sogenannten „ersten Spatenstich“ im FT-Artikel vom 3. Februar, dass „ein erster Spatenstich 2020 erfolgen könnte“. Wenn man berücksichtigt, dass die Zeitpläne von Femern A/S zur Realisierung des Belttunnels, für den ein Planfeststellungsbeschluss Ende 2018 avisiert ist, einen Baubeginn Ende 2020 vorsehen, weil eine zweijährige Klagephase einkalkuliert wurde, so muss es befremden, dass die Deutsche Bahn hinsichtlich des Planfeststellungsbeschlusses für die Hinterlandanbindung offenbar Klagen mit aufschiebender Wirkung gegen den Planfeststellungsbeschluss ausschließt. Dafür gibt es bundesweit keinen Präzedenzfall, weswegen die Annahme, dass beim größten Infrastrukturprojekt Nordeuropas nicht geklagt werden würde, komplett unrealistisch ist – zumal große Umweltverbände wie BUND und NABU ihre Klagen längst öffentlich angekündigt haben. Demzufolge würde sich auch die in der Region Ostholstein – insbesondere zwischen Haffkrug und Puttgarden – aufgeregte und emotionale aktuelle Debatte zur Komplettsperrung der Schienentrasse vermutlich nicht auf die Jahre 2020 bis 2024, sondern frühestens auf die Jahre 2022 bis 2026 beziehen können. Für die Menschen, die Kommunen und den Tourismus in Ostholstein ist dies ein gravierender Fakt, den die Deutsche Bahn mit mehr Sensibilität berücksichtigen sollte.

Angesichts der Tatsache, dass die ergebnisoffenen Variantenuntersuchungen für die Sundquerung gemäß der Initiative des Rechnungsprüfungsausschusses Ende 2018 fertig sein und in der Region – vor Beschlussfassung – öffentlich vorgestellt und diskutiert werden sollen, befremdet es mich zusätzlich, dass laut FT-Artikel vom 3. Februar die zweigleisige Baumaßnahme auf Fehmarn bis auf Höhe Strukkamp vorgenommen werden soll. Zitat: „Eine Anbindung der neuen Sundquerung, ganz gleich auf welche Variante die Wahl falle, sei ohne große Probleme möglich, selbst bei einem Bohrtunnel, versicherte Bernd Homfeldt. Dann müsste nur etwas Schiene zurückgebaut werden, beim Gesamtvolumen des Projektes falle das nicht ins Gewicht. Durch solche Aussagen kann die Deutsche Bahn nicht nachvollziehbar glaubwürdig vertreten, dass sie die Variantenuntersuchung zur Sundquerung – inklusive Bohrtunnel – tatsächlich ergebnisoffen durchführt. Den Rückbau einer gerade erst verlegten Schienentrasse einfach mit ins Kalkül zu ziehen, ist der Öffentlichkeit unter keinen Umständen vernünftig zu vermitteln.

Irreführend ist für mich zuletzt die Aussage der Deutschen Bahn, dass es zu keinerlei Behinderungen bei der Elektrifizierung der Sundbrücke käme, wird doch dadurch öffentlich suggeriert, dass diese Elektrifizierung beschlossene Sache wäre. Am 31. Januar 2017 hat das Bundesverkehrsministerium in seinem – nachgebesserten – Bericht zur Fehmarnbeltquerung mit Hinterlandanbindung (Ausschuss-Drucksache 313) an den Rechnungsprüfungsausschuss unter meinem Vorsitz schriftlich erklärt, dass eine solche Übergangslösung (die temporäre Elektrifizierung der Sundbrücke) „derzeit (…) nicht erforderlich“ sei, weil sich die Fertigstellung des Belttunnels auf dänischer Seite ja inzwischen auf mindestens 2029 verschoben hat und die Fertigstellung einer neuen Sundquerung – ohne übergangsweise Elektrifizierung der bestehenden Brücke – termingerecht und staatsvertragskonform erfolgen kann. Laut Aussagen des BMVI wird die Elektrifizierung inzwischen nur zur Sicherheit als Alternative geprüft, erscheint aber als derzeit nicht erforderlich. Die dargestellten Widersprüche auch in diesem Punkt tragen nicht zu einer klaren Informationslage bei, sondern verunsichern die Menschen in Ostholstein stattdessen.

Der herausragenden Bedeutung, die das größte Infrastrukturprojekt Nordeuropas mit seinen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen, die Erreichbarkeit der Region und den Tourismus hat, wird die Deutsche Bahn mit solchen Aussagen wie in den beiden Artikeln im Fehmarnschen Tageblatt nicht gerecht. Daher ist es besonders wichtig, dass die Bahn wieder glaubwürdig zu transparenter und nachvollziehbarer Information zurückkehrt. Es ist besonders schade, dass der ehemalige Bahnchef Dr. Rüdiger Grube, der am 24. Februar 2017 zehn Stunden den Anwohnern, Kommunalpolitikern und Betroffenen in Ostholstein zum Dialog auf Augenhöhe bereitstehen wollte, seine Zusage jetzt nicht einhalten kann und der amtierende Bahn-Vorstand für einen Ersatztermin in gleichem zeitlichen Umfang noch keine verbindliche Zusage getroffen hat. Ich wünsche mir sehr, dass dessen ungeachtet die Deutsche Bahn die bestehenden Widersprüchlichkeiten öffentlich ausräumt, zumal am 17. Februar das Thema erneut im Rechnungsprüfungsausschuss auf der Tagesordnung stehen wird, wobei die Konsequenzen des Eisenbahnkreuzungsgesetzes und die Pläne der Bahn zu diesem sensiblen Thema besonders in den Fokus rücken werden.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

 

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