LN- Interview mit Burkhard Klinke - Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein

Veröffentlicht am 30.12.2016 in Pressemitteilungen

Die Landesregierung will die Produktion von Windstrom in Schleswig-Holstein bis 2025 noch einmal um rund 50 Prozent steigern, vor allem durch leistungsstärkere und damit größere Anlagen. Haben Sie Verständnis dafür, dass viele um das Landschaftsbild fürchten?

Ja, das kann ich nachvollziehen. Die Nutzung erneuerbarer Energien ist natürlich nicht ohne Eingriffe in unsere Natur und Veränderungen im Landschaftsbild möglich. Trotzdem müssen wir die Energiewende weiter vorantreiben. Wir wollen sauberen Strom und das atomar-fossile Energiezeitalter schnell beenden. 1,98 Prozent der Landesfläche werden als Vorranggebiete ausgewiesen. Die Zahl der Windräder soll bis 2025 von etwa 3100 auf 3600 steigen. Aber 1300 Anlagen liegen außerhalb der Vorranggebiete, sie müssen am Ende ihrer technischen Lebenserwartung abgebaut werden. Dadurch kommt es zu einem deutlichen Rückbau dort, wo es Wildwuchs gab. Die neuen größeren Anlagen bringen eine wesentlich höhere Leistung bei geringerer Anzahl.

Wie steht es um die Akzeptanz der Windkraft in Ostholstein? Ist sie ungebrochen oder wächst der Widerstand?

Nur weil es lauter wird, heißt das nicht, dass der Widerstand größer wird. Es gibt einerseits die stillen Befürworter und andererseits die lautstarken Gegner. Ich bedaure es sehr, dass sich nur die Gegner aktiv melden und möchte hiermit die Befürworter ermuntern, sich ebenfalls einzubringen. 2011 hat auch die Atomkanzlerin Angela Merkel nach den Lehren aus Fukushima die Kehrtwende eingeläutet. Die Politik in Schleswig-Holstein hat einstimmig beschlossen, fossile und nukleare Kraftwerken vollständig durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Diesen Weg sollten und müssen wir gemeinsam gehen.

Warum wird über Windkraftanlagen oft so leidenschaftlich gestritten, wenn doch die Energiewende breit akzeptiert ist?

Mir fällt auf,  dass alle für die Energiewende sind, aber – platt ausgedrückt – bei vielen gilt: Nicht vor meiner Haustür, bei mir kommt der Strom aus der Steckdose. Jetzt haben alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich bei den vorgestellten Regionalplänen zur Windenergie einzubringen.

Wenn die Windräder größer werden, müssen dann nicht auch die Abstände zur Wohnbebauung größer werden?

Zur Erinnerung: Die Regionalpläne, die das Oberverwaltungsgericht Schleswig einkassiert hat, wurden von der schwarz-gelben Landesregierung unter Peter-Harry Carstensen auf den Weg gebracht – mit 300 und 500 Meter Abstand. Jetzt gilt: Zu Einzelhäusern soll der Abstand mindestens 400 Meter und zu Siedlungen 800 Meter sein. Wenn es nach der Opposition geht, sie fordert jetzt 500 und 1200 Meter, dann können die angestrebten knapp zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftnutzung nicht erreicht werden. Oder will die CDU unser Land wie ein Kaugummi auseinanderziehen?

Bürgerinitiativen  beklagen neben der Landschaftszerstörung Störgeräusche und Schattenwurf durch die großen Windräder. Eigennützige Nörgeleien oder berechtigte Einwände?

Aus meiner Sicht sind das berechtigte Einwände. Aber der tägliche Umgebungslärm ist größer als der der Windkraftanlagen. Durch die technischen Vorgaben sind die Windräder kaum zu hören, sie  laufen ruhig. Es wird darauf geachtet, dass der Schatten eines Windrades umliegende Häuser nur minimal überstreicht. Den Disco-Effekt, ausgelöst durch Sonnenlicht, das sich an den Rotoren widerspiegelte, gibt es nicht mehr, seit die Windräder mit nicht-reflektierenden Farben lackiert werden. Und der  Infraschall erreicht im Nahbereich bei weitem keine Werte über der Wahrnehmbarkeitsschwelle und ist gesundheitlich unbedenklich.

Welche Chancen geben Sie den Volksinitiativen für mehr Abstand und Mitbestimmung der Gemeinden bei der Ausweisung von Vorranggebieten?

Es liegen jetzt  354 Wind-Vorranggebiete vor, diese sind aber nicht in Beton gegosssen.  Die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht, das transparente Vorgehen verdient Respekt. Ich rufe die Initiativen auf, sich konstruktiv-kritisch einzubringen. Alle haben sechs Monate lang die Möglichkeit, im Internet Einblick in alle Bewertungskriterien und -dokumente zu nehmen und diese direkt im Internet zu kommentieren. Damit läutet Schleswig-Holstein die größte Bürgerbeteiligung in der Geschichte des Landes ein.

Unter dem Strich werden die Windflächen in Ostholsteins abnehmen. Wird dann die umstrittene 380 kV-Stromtrasse Ostküstenleitung überhaupt noch benötigt?

Das kann man jetzt weder mit Ja noch mit Nein beantworten. Es muss die Auswertung abgewartet werden, ob mehr oder weniger Strom erzeugt wird. Grundsätzlich gilt: Der erzeugte Öko-Strom muss für Mensch und Natur verträglich und mittels Erdkabel transportiert werden. Und der Strom muss genutzt werden. Es darf zu keinen weiteren Abschaltungen der Windanlagen  kommen. Deshalb setzt sich die SPD für den verstärkten Einsatz von Speichertechnologien ein.

 

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