Bürgermeisterin Dr. Tordis Batscheider: Rede anlässlich des Neujahrsempfangs in Neustadt in Holstein

Veröffentlicht am 11.01.2017 in Kommunalpolitik

Sehr geehrte Frau Hagedorn,
sehr geehrte Bürgermeister Weidemann und Zink,
liebe Neustädterinnen und Neustädter,

zu Beginn des Jahres 2017 befindet sich die Welt in einem besorgniserregenden Zustand.

  • Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror und Gewalt wie in diesen Tagen.
  • Unübersichtliche Konfliktkonstellationen und religiös motivierter  Hass prägen weite Teile der Welt außerhalb Europas.
  • Und innerhalb Europas sind – wie z.B. in Ungarn oder Polen - übersteigerte Nationalismen in Mode, die die Nachkriegserrungenschaft eines friedlichen und geeinten Europas in Frage stellen.
  • Auf dem Wege demokratischer Wahlen kommen Männer wie Putin, Erdogan, Orban, Trump an die Spitze, die offen rassistisch, sexistisch und diskriminierend reden und handeln, die Demokratie und Rechtsstaat gering schätzen und damit die Basis der gemeinsamen westlichen Werte zu verlassen drohen.
  • Aufklärung, Vernunft und faktenbasierte Argumentation werden über Bord geworfen zugunsten von billigen Ressentiments und populistischen Vorurteilen. Der Eigennutz feiert seinen Siegeszug über Werte wie Solidarität und Allgemeinwohl.
  • Wer heute für einen gerechten Ausgleich der Interessen einsteht, der wird im besten Fall belächelt, im schlimmsten Fall für hoffnungslos idealistisch und blöd gehalten.
  • Wenn man Pegida, AfD und anderen Populisten zuhört, dann ist Demokratie nur dann gut, wenn sie mir selbst nützt, ansonsten unterdrückt sie den kleinen Mann auf der Straße.
  • Das hohe Gut der Pressefreiheit scheint vielen verhasst zu sein, unabhängige Berichterstattung wird als „Lügenpresse“ beschimpft, weil sie die Welt so komplex betrachtet, wie sie nun mal ist. Die Anstrengung, selbst zu denken, wird als Zumutung und nicht als Chance begriffen.

Es ist bitter zu sehen, wie unsere Gesellschaft nach 70 Jahren Wohlstand ohne Krieg und Gewalt die Grundpfeiler demontiert, die dies ermöglicht haben, nämlich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ich frage mich dann immer: was wollen diese Wutbürger stattdessen?

Lieber Krieg statt Frieden?
Lieber Zwang statt Freiheit?
Lieber Diktatur statt Demokratie?
Lieber das Recht des Stärkeren anstatt Rechtsstaat?

Das Erstaunliche ist, dass es Deutschland trotz dieser besorgniserregenden gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen wirtschaftlich gut geht, sehr gut sogar. Noch gut geht, muss man wohl sagen. Denn so reflektierte und abwägende Politiker wie Angela Merkel und Frank–Walter Steinmeier, die an der Spitze unseres Landes stehen, sind vielleicht auch schon ein Auslaufmodell. Wenn – wie in einigen Bundesländern - nicht einmal mehr große Koalitionen noch groß genug sind, um eine stabile Mehrheit gegen die dumpfe Protestwählerschaft bilden zu können, lässt dies nichts Gutes erwarten für die in diesem Jahr anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen.

Auch Neustadt in Holstein geht es sehr gut – und damit komme ich von der großen in unsere kleine Welt! Wir befinden uns seit etwa zwei, drei Jahren in einem bemerkenswerten Aufwärtstrend!

Wie sah das Jahr 2016 aus? Ein kurzer Rückblick:

  • Im Februar fiel eine epochale Richtungsentscheidung – wir entwickeln unseren Hafen in Richtung „Leben und Arbeit im Hafen“ und „maritim-touristische Nutzung“. Zwar stehen wir noch ganz am Anfang. Aber schon allein die erklärte Absicht, unser Hafenviertel neu zu entwickeln, hat zu einer Dynamik geführt, die mich selbst überrascht hat. Es kommen Menschen zu mir, die Ideen haben, kreative Ideen, interessante Ideen, manchmal auch verrückte Ideen – und sicherlich ist nicht alles umsetzbar. Aber es zeigt doch, dass Investoren, Kreative, Firmengründer und andere Lust haben, dieses spannende Quartier mit uns weiter zu entwickeln.
  • In Bezug auf den Zuzug von Flüchtlingen hat sich die Situation deutlich entschärft, es sind nur noch 87 Flüchtlinge in 2016 in unsere Stadt gekommen, das sind nur noch halb so viele wie im Vorjahr. Das heißt aber leider nicht, dass es weniger Fluchtursachen gibt – sondern lediglich, dass die Politik der Abschottung Europas fürs Erste erfolgreich ist. Wie lange das anhält, weiß niemand. Ich weiß nur, dass Neustadt diese Herausforderung ganz grandios gemeistert hat und wir keine Probleme mit der Integration haben, die wir nicht bewältigen können. Ein ganz herzlicher Dank an dieser Stelle an die vielen ehrenamtlich engagierten Menschen in der Flüchtlingshilfe!
  • Es wird viel investiert in Neustadt! Insbesondere die Investitionen in die Verbesserung unserer touristischen Infrastruktur sind in vollem Gange: ich erwähne hier nur das ARBOREA Hotel, dessen Errichtung voll im Zeitplan ist und das nächstes Jahr Eröffnung feiern wird. Und auch ein zweites Hotelprojekt wurde in diesem Jahr begonnen, das STRANDKIND, das ebenfalls in 2017 eröffnen wird und eine perfekte Ergänzung der modernisierten Infrastruktur in Pelzerhaken darstellen wird. Das SÜDKAP steht kurz vor Fertigstellung und wird das Angebot an hochwertigen Ferienwohnungen in unserem Ostseebad wesentlich erweitern.
  • Erfreulich ist des Weiteren die Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Wir können in den letzten drei Jahren eine exorbitante Verringerung der Arbeitslosigkeit beobachten, man kann für den Bereich Neustadt heute von nahezu Vollbeschäftigung, ja fast schon von Fachkräftemangel reden.
  • Und wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch der Stadt gut. Die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln kräftig, Neustadt konnte im vergangenen Jahr endlich einmal einen ausgeglichenen Verwaltungshaushalt vorlegen und sogar noch über 1 Mio. € in die Tilgung unseres Schuldenberges stecken. Das macht es uns leichter, weitere Investitionen in die Zukunft unserer Stadt zu tätigen. Dazu gehören nicht nur die Straßenbauprojekte, die wir in Angriff genommen haben, wie z.B. der Sandberger Weg, Am Holm oder die Wiesenstraße, sondern auch Investitionen in die Familienfreundlichkeit unserer Stadt. Das Krippen- und Kita-Angebot Neustadts hält jedem Vergleich stand, auch unsere Schullandschaft ist gut aufgestellt.
  • Die sozialen Angebote für Kinder und Jugendliche – und dazu zähle ich auch unsere lebendige Stadtjugendpflege – sind für viele junge Familien ein Grund, nach Neustadt zu ziehen.
  • Zum Glück haben wir mit dem Lübschen Mühlenberg auch ein attraktives innenstadtnahes Neubaugebiet, das in rekordverdächtiger Zeit bebaut worden ist. Das ging so schnell, dass wir jetzt schon am B-Plan für den zweiten, den nördlichen Teil, arbeiten müssen.
  • Der Aufbruch, der Neustadt in Holstein seit zwei, drei Jahren kennzeichnet, spiegelt sich auch wider in unserem neuen Logo: Wir sind im Jahr 2016 „hafenheimat“ geworden. Dieses neue Logo des Stadtmarketings stellt den Hafen, das Herzstück unserer Stadt, in den Mittelpunkt, vermittelt Innovation und Frische und steht gleichzeitig für Heimat und Wohlfühlen. Dieses Logo passt wirklich gut zu unserem neuen Wir-Gefühl, alle lieben das Papierschiffchen und entwickeln Ideen, wo und wie es überall eingesetzt werden kann.
  • Die TALB ist in ruhigem Fahrwasser angelangt und seitdem stetig auf Erfolgskurs. Die Übernachtungszahlen gehen deutlich nach oben und es zeigt sich, dass der Kurs, mit Scharbeutz und Sierksdorf gemeinsames Marketing zu betreiben, richtig gesetzt war. Ich freue mich, dass die Stadtverordneten vor kurzem beschlossen haben, der TALB eine längerfristige Perspektive zu geben.
  • Und wir hatten im vergangenen Jahr auch oft Grund zu feiern: das 29. europäische folklore festival war wieder ein voller Erfolg, herzlichen Dank an dieser Stelle an all die vielen engagierten Neustädterinnen und Neustädter – insbesondere die Gasteltern -, ohne die dieses Event so nicht stattfinden könnte.
  • Weitere Highlights seien nur kurz erwähnt: Unser Wochenmarkt wurde 125 Jahre alt und wir konnten den Neubau des Stadtteiltreffs, die Kita Schatzinsel und die neu gestaltete Promenade zwischen Pelzerhaken und Rettin einweihen.
  • Auch in Sachen Spatenstich hatte ich in diesem Jahr mehr zu tun als sonst: Neben dem Arborea und dem Strandkind kam die Schaufel auch beim Neubau für unsere Stadtwerke an der Neukoppel zum Einsatz. Ich freue mich sehr, dass wir bald unseren Mitarbeitern und Kunden der Stadtwerke einen zeitgemäßen Unternehmenssitz bieten können, der zudem noch ein ökologisches Vorzeigeprojekt sein wird.
  • Und ein anderes großes Bauvorhaben konnte erfolgreich abgeschlossen werden: die Brandschutzsanierung des Rathauses, die der Verwaltung bekanntermaßen einen vorübergehenden Umzug ins Deilmann-Gebäude beschert hat.

Und was haben wir 2017 vor?

  • Natürlich geht es weiter mit dem Umbau der Hafenwestseite. In diesem Jahr werden wir die Qual der Wahl haben und uns mit verschiedenen Entwürfen aus dem städtebaulichen Wettbewerb auseinandersetzen. Ich bin schon sehr gespannt auf die Ideen, die uns präsentiert werden – und auf die Debatten in der Stadt darüber, welche die beste ist. Ich bin sicher, die neue Hafenwestseite wird der Wachstumsmotor für die Stadt!
  • Unsere Stadt kann aber nur wachsen, wenn genügend Wohnraum unterschiedlicher Art und Preisklasse zur Verfügung steht. Wir vergessen daher auch diejenigen nicht, die sich kein Einfamilienhaus am Lübschen Mühlenberg leisten können. Deswegen hat die Stadt ein Grundstück in der Oldenburger Straße gekauft, auf dem sozialer Wohnungsbau entstehen soll. 30 schöne neue barrierefreie und energieeffiziente Wohnungen zu bezahlbaren Mieten werden dort erstellt. Die Warteliste ist jetzt schon lang und ich hoffe, dass in 2017 auch auf dem Lübschen Mühlenberg endlich mit dem Bau von sozialem Wohnungsbau begonnen wird.
  • Ein weiteres großes Projekt, das in diesem Jahr auf uns wartet, ist der Ersatzneubau für das völlig marode Amt für gesellschaftliche Angelegenheiten in der Rosenstraße. Da wir in das Städtebauförderprogramm aufgenommen worden sind, haben wir jetzt die einmalige Chance, dieses Projekt von Bund und Land zu zwei Dritteln mitfinanzieren zu lassen – eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen sollten!
  • Und für die Kinder und Jugendlichen geht in diesem Jahr ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung: die neue Skateranlage am Gogenkrog wird fertig gestellt. Damit zahlt sich das jahrelange Engagement unseres Kinder- und Jugendparlaments aus und wir können – unterstützt durch Bundes- und Landesmittel – eine Anlage erstellen, die einzigartig in Ostholstein ist.
  • Ganz entscheidend für die Zukunft unserer Stadt ist der Breitbandausbau. In 2016 haben wir gemeinsam mit unseren Stadtwerken die Weichen gestellt, jetzt kann es mit Volldampf losgehen. Für die Daseinsvorsorge in unserer Stadt ist die Versorgung mit Glasfaser unverzichtbar und ich freue mich sehr, dass unsere Stadtwerke nun tatkräftig daran arbeiten.

Sie sehen, wir haben uns viel vorgenommen fürs neue Jahr. Ich hoffe sehr, dass wir trotz der bevorstehenden Landtags- und Bundestagswahl in der Lage sein werden, über politische Grabenkämpfe hinweg gemeinsam das Beste für diese Stadt umzusetzen. Sie hätte es verdient!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen – auch im Namen des Bürgervorstehers - ein gesundes, friedliches und harmonisches Jahr 2017!

 

 

 

 

 

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